Laurence Gonzales – Lucy

LucyBeschreibung
Das Mädchen Lucy wächst im afrikanischen Regenwald bei ihrem Vater, einem englischen Naturforscher, in völliger Abgeschiedenheit auf. Sie ist vierzehn, als er stirbt. Durch Zufall findet die amerikanische Wissenschaftlerin Jenny sie und nimmt sie mit nach Amerika. Lucy ist hübsch und sehr begabt. Was niemand ahnt: Sie ist das Ergebnis eines unglaublichen Experiments, ihr Erbgut eine Kreuzung zwischen dem von Mensch und Menschenaffe. Irgendwann lässt sich das nicht mehr geheimhalten – woraufhin Medien, Militär und Wissenschaftler eine erbarmungslose Jagd auf Lucy beginnen…

Diese ungekürzte Hörbuch-Fassung wird Ihnen exklusiv von Audible präsentiert und ist ausschließlich im Download erhältlich.

Sprecher
Nadja Schulz-Berlinghoff

Länge
12 h 04 m

Meine Meinung
Manchmal stößt man durch Zufall auf ein tolles Hörbuch. Ich hatte bei Facebook einen Trailer zu dem Film „Lucy“ gesehen. Das Thema fand ich interessant. Ich wollte mir aber nicht den Film ansehen sondern es als Hörbuch hören. Somit stieß ich auf „Lucy“ von Laurence Gonzales. Ist zwar ein anderes Thema, aber das fand ich noch viel verlockender als das Filmthema. Und schon war es meins.

Das Hörbuch fängt sehr spannend an. Jenny – eine Primatenforscherin im Kongo – muss Hals über Kopf ihr Camp im Dschungel verlassen, da der Bürgerkrieg nun auch ihr Gebiet erreicht hat. Sie flüchtet zunächst zu dem Camp des Wissenschaftlers Stone. Doch dieser wurde bereits ermordet. Im Camp entdeckt sie Stones Tochter Lucy, 14 Jahre, die sie unüberlegt einfach mit sich nimmt. Nur weg, weg von den Schüssen, weg vom Kriegsgebiet. Ihnen gelingt die Flucht zunächst nach London und dann weiter in die USA, wo Jenny herkommt. In London hatte Jenny vergeblich versucht, Verwandte von Lucy aufzutreiben. Doch ihre Aussage war richtig – sie hat keine. Mittlerweile haben sich die beiden richtig aneinander gewöhnt und Jenny möchte Lucy adoptieren.

Zu diesem Zeitpunkt weiß Jenny bereits, dass Lucy „anders“ ist. Sie hat die Aufzeichnungen von Stone – die sie bei ihrer Flucht aus dem Dschungel mitgenommen hat – gelesen. Lucy ist das Produkt eines wahnwitzigen Experiments. Stone wollte die Menschheit verbessern! Deshalb hat er eine Bonobo-Dame mit seinem eigenen Samen befruchtet: Lucy ist das „Ergebnis“ dieses Versuchs. Lucy ist ein tolles Mädchen. Sie sieht aus wie ein Mensch, sie kann reden, ist gebildet – nur mit den amerikanischen Gepflogenheiten kennt sie sich nicht aus. Wie auch. Sie wuchs ja ausschließlich im Dschungel auf. Doch sie lernt schnell und passt ihr Verhalten sehr flink an. Auch mit der Unterstützung von Amanda, ihrer Freundin, die sie in der Schule kennengelernt hat.

Doch Lucy kann noch einiges mehr. So hat sie z. B. enorme Kräfte und kann mit den Tieren „im großen Strom“ kommunizieren. Ihr Instinkt ist äußerst ausgesprägt, sie spürt Gefahr viel früher als ein „normaler“ Mensch.

Jenny und Lucy haben beschlossen, dass ihr Geheimnis niemals an die Öffentlichkeit dringen darf. Denn dann wäre sie in größter Gefahr. Doch wie es natürlich kommen musste, wird Lucy krank. Sie muss ins Krankenhaus. Dort wird sie behandelt – natürlich wird ihr Blut abgenommen. Und schon sind die ersten Zweifel da. Wie kann sich ein Mensch mit einem Virus anstecken, der ausschließlich für Tiere ansteckend ist, nicht aber für den Menschen? Das Virus hat sich jedenfalls nicht verändert.

Jenny, Lucy und Amanda beschließen, dass sie der Gerüchteküche der Medien etc. zuvorkommen wollen. Lucy outet sich über das Internet. Von da an beginnt eine Jagd auf Leben und Tod.

„Lucy“ war eine Story so richtig nach meinem Geschmack. Stellen sich hier doch gleich ganz viele Fragen nach Moral, nach Vorurteilen, nach „muss man wirklich alles austesten, was möglich ist“, nach Gerechtigkeit, nach: Was bedeutet es, Mensch zu sein und was macht den Menschen eigentlich aus, darf man anders sein, wie reagiert die Gesellschaft, wer ist Freund, wer ist Feind u. v. m? Man könnte diese Frageliste noch immens erweitern.

Lucy schwebt in einer gesetzlosen Zone. Denn zu was zählt sie nun? Zu den Menschen? Oder doch zu den Tieren? Sie ist ja nunmal zu 50 % Mensch und zu 50 % Menschenaffe.

Die Protagonisten fand ich sehr gut gezeichnet. Jenny war anfangs ziemlich blauäugig – ok, für meinen Geschmack etwas zu blauäugig für eine Wissenschaftlerin, die sich seit Jahren mit Bonobos beschäftigt. Doch sie hat sich während der Story sehr gut entwickelt und wurde dann zu einer Figur, die ich auch sehr glaubhaft fand. Lucy war von Anfang an sehr sympathisch dargestellt. Auch ihre unbeholfene und teils altbackene Ausdrucksweise fand ich sehr charmant. Ihren Lernprozess fand ich ebenfalls sehr gut dargestellt. Amanda, Lucys Freundin, ist eine Freundin, wie man sie sich wünscht. Sie steht immer hinter Lucy – egal was passiert. Natürlich gibt es noch viele weitere Personen in dem Plot, doch bei den Dreien möchte ich es belassen.

Und nun zum Thema Spannung. Die Flucht aus dem Dschungel und die Entdeckung von Lucy fand ich klasse. Somit war der Einstieg toll, spannend, sehr nach meinem Geschmack. Doch dann flachte die Spannung ab. Mir fehlte der Aufbau eines Spannungsbogens. Das gab es im ersten Drittel nach meiner Empfindung kaum. Es passierte zwar schon einiges, aber das dann eher Knall auf Fall. Also völlig unvermittelt. Das kann zwar mal die richtige Wahl sein, aber auf die Dauer fand ich das etwas ermüdend. Die Story plätschert vor sich hin, dann Wumm – na, wieder wach? Und dann weiter im Geplätscher… bis zum nächsten Wumm. Doch das war nur im ersten Drittel so. Danach änderte sich. Ein Glück! In den letzten zwei Dritteln wurde der Spannungsbogen hochgeschraubt und blieb auch konstant auf hohem Niveau. Hier flog die Zeit und die Story nur so dahin.

Bei diesem Hörbuch geht es übrigens nicht nur erschreckend zu. Es gibt natürlich sehr viele Momente, bei denen man weinen und schreien und ausrasten möchte. Aber der Humor kommt auf jeden Fall auch nicht zu kurz. Es gibt auch einiges zu Lachen.

Die Sprecherin kannte ich bisher noch nicht. Sie hat mir aber mit ihrer etwas distanzierten Art sehr gut gefallen. Mir ist es sehr leicht gefallen, ihr zuzuhören. Die Story an sich ist schon prall genug, so dass die Sprecherin mit ihrer zurückhaltenden Art meiner Meinung nach alles richtig gemacht hat. Ihre Art der Betonung und ihre Stimme fand ich auch sehr schön.

Gestern, als ich das Hörbuch beendet hatte, dachte ich: Ok, die Story kann nicht die vollen Pingu-Punkte bekommen, da das erste Drittel einfach zu langatmig war. Heute habe ich mir dann nochmals Gedanken gemacht, die Story nochmals Revue passieren lassen und habe meine Meinung revidiert. Die Story verdient nichts anderes als glatte 5,0 Pingu-Punkte. Über den Spannungsmangel im ersten Drittel kann ich locker hinweg sehen. Denn sowohl die Protagonisten als auch die Spannung haben sich während der Geschichte enorm entwickelt und gesteigert. Und so soll es doch sein, oder?!

Dieses Hörbuch kommt auf meine Bestenliste.

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Weitere Informationen
Weitere Informationen gibt es bei Audible.de. Und hier geht es direkt zur Hörprobe und zum Hörbuch: Laurence Gonzales – Lucy