Beschreibung
Ein Hotel an der ligurischen Küste im Spätherbst. Philipp Perlmann, ein angesehener Sprachwissenschaftler, erwartet eine Gruppe von berühmten Kollegen zu einem Forschungsaufenthalt. Umstellt von den hohen Erwartungen der anderen, wird Perlmann von der Einsicht überwältigt, dass ihm seine beruflichen Gewissheiten völlig abhanden gekommen sind. Diese Erfahrung macht die anderen zu bedrohlichen Gegnern. Verschanzt in einem entlegenen Zimmer des Hotels, flüchtet er sich in das Übersetzen eines russischen Textes. Durch diese Flucht nach innen gerät Perlmann mit jedem Tag mehr in eine ausweglose Situation, die ihn schließlich in einen Strudel von Lügen und an den Rand eines Mordes treibt.
Ein psychologischer Roman par excellence, der den Hörer durch raffinierte Komposition und einen großen Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Zeile in Atem hält.
Sprecher
Walter Kreye
Länge
10 h 38 m
Meine Meinung
Ok, ich gebe es zu. Ich brauchte für dieses Hörbuch zwei Anläufe. Beim ersten Versuch konnte es mich nicht fesseln – ganz anders in der zweiten Runde. Da hatte mich das Hörbuch ziemlich schnell gepackt und nicht mehr losgelassen. Selbst für die 7 Minuten Fußweg zur und von der Arbeit kamen die Stöpsel in meine Ohren, um zu erfahren, wie es mit dem unglückseligen Perlmann weitergeht.
Ich glaube, unglückselig trifft es ganz gut. Perlmann höchstselbst hat eine kleine erlesene Gruppe an Wissenschaftlern für ein paar Wochen an ein herrliches Fleckchen Erde eingeladen, um einen „Workshop“ abzuhalten. Alle kommen, nur der Russe ist verhindert und entschuldigt sich. Die übrigen Anwesenden sind alle höchst motiviert und engagiert. Doch er, Perlmann, hat keinerlei Idee für seinen Vortrag. Eine wirklich prekäre Situation. Doch anstatt sich hinzusetzen und sich Gedanken zu machen, lässt er sich von allem Möglichen nur zu gerne ablenken. Seine Lieblingsbeschäftigung: Die Übersetzung eines russischen Textes, den ihm sein Wissenschaftler aus Russland zu der Absage hinzugelegt hatte. Er verbeißt sich förmlich an dem Text, bis er ihn gänzlich übersetzt hat. Und die Zeit bis zu seinem Vortrag wird immer knapper. Doch er lässt die Zeit verstreichen, rechnet akribisch, wie er die Vorträge der Anderen hin- und herschieben könnte, damit er erst am Ende an der Reihe wäre. Und natürlich passieren immer wieder unvorhergesehene Dinge, die ihn – und den Hörer gleich mit – zittern lässt. Er hat nichts! Doch stimmt das wirklich? Er hat ja den Text von dem Russen, der ja leider, leider nicht kommen kann. Könnte er nicht…? Wäre es nicht möglich…? Vielleicht sollte er…? Solche Gedanken schweifen durch seinen Kopf. Wer würde das schon herausbekommen? Er reicht den Text bei der Sekretärin ein, die alle Texte der Anwesenden akribisch zu Papier bringt, um sie verteilen zu können…. Dann erreicht Perlmann die Nachricht, dass der Russe nun doch kurzfristig anreisen kann.
Was von da an passiert, möchte ich hier nicht mehr erzählen. Nur soviel: ich selbst habe Blut und Wasser geschwitzt! Was Perlmann durchmacht ist die reinste Hölle. Es wäre so einfach gewesen, wenn er sich einfach zu seiner Schwäche hätte bekennen können. Doch können wir das? Sind wir Menschen wirklich stark darin, eigene Schwächen zuzugeben? Im Schreckensszenarien ausmalen, was passieren würde, wenn, darin, ja, darin sind wir gut. Und so werden wir äußerst kreativ, um alles dagegen zu setzen, um es zu vertuschen, es zu überspielen. Und zu welchen Maßnahmen sind wir bereit, um unser Ziel – nämlich unentdeckt zu bleiben – zu erreichen?
Der ein oder andere Leser meiner Rezension mag sich hier vielleicht „persönlich angegriffen“ fühlen, dass ich von „uns Menschen“ spreche. Doch wenn du – lieber Leser – mal ganz tief in dich hinein hörst, na? Immer noch der absolute Saubermann?
Ok, in Perlmanns Schweigen geht es um Mordgedanken. Solche Pläne hat sicher noch nicht jeder von uns geschmiedet. Aber in der Literatur wird ja gerne überspitzt dargestellt, was in jedem von uns lauert.
Ich war jedenfalls von Perlmanns Schweigen äußerst beeindruckt. Es ist ein Hörbuch, das bei mir immer noch nachklingt, obwohl ich es schon vor ein paar Wochen gehört habe. Einzelne Sätze und Gedankengänge schwirren nach wie vor in meinem Kopf herum und ich kann nicht anders als zu sagen: toll.
Pascal Mercier hat mit diesem Buch einmal mehr bewiesen, was für ein brillanter Erzähler er ist. Er versteht es, tiefsinnige Gedanken in eine derart spannende Geschichte zu packen, wie kaum ein anderer. Und da ich so sehr beeindruckt von diesem Buch bin, darf es sich nun in die Reihe meiner anderen Lieblinge einreihen. Es kommt auf meine Bestenliste.
Walter Kreye hat hier eine ebenso geniale Leistung vollbracht, wie der Autor selbst. Eine bessere Kombination kann man sich nicht wünschen.

Weitere Informationen
Eine Hörprobe sowie weitere Informationen gibt es bei Audible.de
Und hier geht es direkt zum Hörbuch: Pascal Mercier – Perlmanns Schweigen
Siehe auch: